ZusammenfassungSeit einigen Jahren erscheinen in deutschsprachigen Medien Beiträge, die einen neuen Trend in der Versorgung von langzeitpflegebedürftigen Menschen beschreiben: die Migration in ausländische Pflegeheime, insbesondere nach Thailand oder Ost-Europa. Diese Art der Migration wird kontrovers aufgenommen. Einige Medienbeiträge beschreiben diese Praxis u. a. als „Greisen-Export“, „gerontologischen Kolonialismus“ oder „inhumane Deportation“. Die Begriffe weisen darauf hin, dass diese Migr…
Read moreZusammenfassungSeit einigen Jahren erscheinen in deutschsprachigen Medien Beiträge, die einen neuen Trend in der Versorgung von langzeitpflegebedürftigen Menschen beschreiben: die Migration in ausländische Pflegeheime, insbesondere nach Thailand oder Ost-Europa. Diese Art der Migration wird kontrovers aufgenommen. Einige Medienbeiträge beschreiben diese Praxis u. a. als „Greisen-Export“, „gerontologischen Kolonialismus“ oder „inhumane Deportation“. Die Begriffe weisen darauf hin, dass diese Migration aus sogenannten High Income Countries in Low and Middle Income Countries aus ethischer Sicht problematisch sein könnte. Allerdings gibt es bislang keine wahrnehmbare wissenschaftliche ethische Auseinandersetzung mit dem Phänomen. In diesem Beitrag diagnostizieren wir, dass es sich bei der Migration Langzeit-Pflegebedürftiger tatsächlich um ein ethisch relevantes Problem handelt, und wir ordnen die von uns identifizierten ethisch relevanten Bereiche unterschiedlichen Ebenen zu: einer individual-, einer gesellschafts-, und einer global-ethischen Ebene. Auf der individualethischen Ebene diskutieren wir Fragen der Autonomie, der Verwandtschaftsbeziehungen, der Rolle von Kultur und Traditionen und der „guten Pflege“. Auf der gesellschaftsethischen Ebene diskutieren wir strukturelle Herausforderungen der Langzeitpflege und Fragen der sozialen Gerechtigkeit. Auf der globalethischen Ebene verbinden wir unser Thema mit der ethischen Diskussion des Medizintourismus und des Brain Drains und mit Fragen globaler Gerechtigkeit. Um eine weiterführende normative Analyse vornehmen zu können, sind weitere empirische Daten zu dem Phänomen notwendig.